Wie gefährlich sind Donald Trumps Pläne für eine mögliche zweite Amtszeit? Und welche Organisation steckt hinter "Project 2025"? Ein ZDFheute-Backgroundcheck.09.09.2024 | 15:46 min
Für die zweite Amtszeit von Donald Trump an der Spitze der Vereinigten Staaten gibt es bereits seit geraumer Zeit einen konkreten Fahrplan - vorgesehen ist darin ein radikaler Umbau des Regierungsapparats und die Bündelung der Macht in den Händen des Präsidenten.
Trump hatte sich von dem "Project2025" genannten Konzept zwar vor der Wahl öffentlich mehrfach distanziert. Doch ist dieses in zentralen Punkten deckungsgleich mit seinen politischen Positionen.
Project2025skizziert einen 180-Tage-Plan
Im April 2023 veröffentlichte die in Washington ansässige rechtskonservative Denkfabrik Heritage Foundation auf mehr als 900 Seiten das Konzept "Mandate for Leadership: The Conservative Promise"("Mandat zur Führung: Das konservative Versprechen"), kurz: Project2025. Die Verfasser schreiben, "der Schaden, den die Linke angerichtet hat", müsse durch eine strikt konservative Agenda behoben werden.
Nach den Wahlergebnissen in den USA hat Präsident Joe Biden eine Rede an die Nation angekündigt. Darin soll es auch um den Übergang zu seinem Nachfolger Donald Trump gehen.07.11.2024 | 0:27 min
Um die USA "aus dem Griff der radikalen Linken zu befreien", würden "die richtigen Leute" gebraucht, die bereit seien, "diese Agenda vom ersten Tag der nächsten konservativen Regierung an umzusetzen". Dafür legt Project2025einen 180-Tage-Plan vor.
Der Chef der Heritage Foundation, Kevin Roberts, nennt den Plan revolutionär: "Wir sind dabei, die zweite Amerikanische Revolution zu erleben, die unblutig bleiben wird, wenn die Linke dies zulässt", sagte er Anfang Juli.
- "Project 2025": Radikale Wunschliste für Trump 2.0
Donald Trump hat die US-Wahl für sich entscheiden, viel deutlicher als in Umfragen angenommen. Woran könnte das liegen? Claudia Bates berichtet aus Washington.06.11.2024 | 1:53 min
Mehr Macht für den Präsidenten
Mit dem Tag der Amtseinführung soll der Umbau der Exekutive beginnen. Ziel ist eine drastische Zentralisierung der Regierungspolitik, bei der das Weiße Haus eine straffe Kontrolle über alle Bundesbehörden einschließlich des Justizministeriums erhalten würde. Die Ministerien für Bildung und Heimatschutz sollen abgeschafft werden, die Bundespolizei FBI, "eine zunehmend gesetzlose Organisation", soll von Grund auf erneuert werden.
Ferner ist ein radikaler Personalaustausch in den Bundesbehörden vorgesehen, bei dem Tausende Mitarbeiter durch eine rechtskonservative Gefolgschaft ersetzt werden sollen. Potenzielle Anwärter auf die Jobs im Regierungsapparat wurden im Zuge des Project2025bereits auf ihre Gesinnung hin überprüft.
Dieser Schritt richtet sich gegen den von den ultrarechten Kräften ausgemachten "Staat im Staate" ("deep state"), der sich ihrer Überzeugung nach in der ersten Amtszeit Trumps gegen dessen radikale Vorhaben zur Wehr gesetzt hatte.
Migration, Abtreibung, Umwelt
Project2025sieht bei zahlreichen Themen die Durchsetzung einer ultrakonservativen Agenda vor. Dazu zählt eine rigorose Migrationspolitik mit Massenabschiebungen sowie der Fertigstellung des von Trump in dessen erster Amtszeit begonnenen Baus einer durchgängigen Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Das Abtreibungsrecht soll weiter verschärft werden, etwa durch ein Verbot der Abtreibungspille Mifepriston.In der Umweltpolitik sollen Programme für saubere Energien beerdigt, Emissionsbeschränkungen gekippt und die Ausbeutung fossiler Energien wieder kräftig unterstützt werden.
Der Sieg von Donald Trump wird Amerika verändern, aber womöglich auch die Welt. Wie die Regierungen anderer Staaten auf Trumps Sieg reagieren - ein Überblick.06.11.2024 | 1:41 min
Trumps Haltung zum Project2025
Trump selbst hatte sich mehrfach von den Plänen distanziert, zuletzt beim TV-Duell am 10. September, in dem er sagte: "Ich habe nichts mit dem Project2025zu tun. Ich habe es nicht gelesen und ich werde es nicht lesen."
Gleichwohl sind die genannten politischen Pläne in zentralen Punkten identisch mit Trumps Vorhaben. So will er mit der straffen Neuorganisation der Bundesbehörden und der Entlassung von Mitarbeitern den Hightech-Milliardär Elon Musk beauftragen. 2022 hatte Trump auch die Heritage Foundation noch in den höchsten Tönen gelobt:
Nach Recherchen des Senders CNN waren mindestens 140 Ex-Mitarbeiter der früheren Trump-Regierung an der Ausarbeitung von Project2025beteiligt, unter ihnen nach Angaben der Demokratischen Partei einer seiner engsten Berater aus der ersten Amtszeit, Stephen Miller, sowie die Ex-Minister Ben Carson und Christopher Miller.
Der Swing State Wisconsin mit seinen 10 Wahlmännern geht an Donald Trump. Damit hat Trump eine Mehrheit im Electoral College sicher - wodurch offiziell klar ist: Trump gewinnt die US-Wahl und wird der 47. US-Präsident. Jutta Sonnewald fasst die Ergebnisse zusammen. 06.11.2024 | 2:28 min
Die Warnungen der Kritiker
Kritiker sehen in Project2025eine Blaupause für einen Abbau der Demokratie und die Etablierung einer rechtsautoritären Herrschaft. Der Verfassungsrechtler Erwin Chemerinsky von der University of California in Berkeley bezeichnete die Pläne als "zutiefst beängstigend": Sie beschrieben eine "Bewegung hin zu einer autoritären Regierung".
Der scheidende US-Präsident Joe Biden bezeichnete das Project2025als "den größten Angriff auf unser Regierungssystem und unsere persönliche Freiheit, der jemals in der Geschichte dieses Landes vorschlagen worden ist".
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris warnte vor der Wahl, Trump habe einen "detaillierten und gefährlichen Plan namens Project2025". Und diesen wolle er auch "umsetzen".
Quelle: AFP, ZDF